Reanimation und Produktion der LC Möbelserie von Heidi Weber

LC 101

Höhe 63 cm, Breite 99,5 cm, Tiefe 68 cm “Fauteuil grand comfort”, grosses Modell. Stahlrohrgestell vernickelt, verchromt oder schwarz. Bespannung mit Spiralfedernetz. Lose Polster in Haar auf Form fassoniert, mit Daunenauflagen. Bezug in Leder oder Stoff.

LC 102

Höhe 68 cm, Breite 76 cm, Tiefe 70 cm “Fauteuil grand confort”, kleines Modell. Stahlrohrgestell vernickelt, verchromt oder schwarz. Bespannung mit Spiralfedernetz. Lose Polster in Haar auf Form fassoniert, mit Daunenauflagen. Bezug in Leder oder Stoff.

LC 103

Höhe 65 cm, Breite 60 cm, Tiefe 65 cm Fauteuil mit beweglicher Rücklehne. Stahlrohrgestell vernickelt oder verchromt. Bespannung mit Fohlenfell oder Tuch. Armlehnen aus Ledergurten. Hier vereinfachte Heidi Weber die Armlehne durch Verjüngung der Riemen.

LC 104

Breite 56,5 cm, Länge 161 cm Chaise-longue, stufenlos verstellbar. Untergestell in Eisen, schwarz oder schwarz-weiss. Obergestell in Stahlrohr, vernickelt o. verchromt. Fohlenfell, Tuch, Nackenrolle. Aerodynamische Rohre, aus den Flugzeugwerken Altenrhein.

Heidi Weber bringt die L–C Möbelserie LC 101 bis 104 mit weltweitem Erfolg zur Produktionsreife



Präsentation 1929 Salon d’Automne




Präsentation 1958 im Mezzanin

"Charlotte bekam 1929 den Auftrag, das Management für unsere Möbel mit Thonet zu übernehmen. Dies hätte ein einträgliches Geschäft werden können, doch es brachte nie auch nur einen Heller ein." (Le Corbusier)

Der Wendepunkt

Ab ihrer ersten Begegnung löst Heidi Webers Begeisterung eine Neubelebung bei dem schöpferischen Geist aus, so dass die beiden die Perspektive ihrer Zusammenarbeit durch die Herstellung bestimmter Möbel erweitern. Ein Projekt, das Le Corbusier aufgegeben hatte, da seine Prototypen trotz der Ausschreibung, die er 1929 an die Hersteller ergehen ließ, um die Möbel serienmäßig herstellen zu lassen, keine Abnehmer fanden.

Zurück in Zürich machte Heidi Weber sich augenblicklich auf die Suche nach Räumlichkeiten, die sie bald durch Zufall in der Spiegelgasse, nicht weit von ihrer Galerie, entdeckte. Dieses große Atelier diente ihr als Fabrik für die Herstellung der vier Sessel- und Sitzmodelle, mit deren Produktion sie Ende Oktober 1958 begann.

Heidi Webers Begeisterung für seine Möbel und ihre persönliche Dynamik beeindruckten und gefielen Le Corbusier sehr. Innerhalb von drei Monaten nach Erhalt der Entwürfe konnte sie ihn bereits einladen, sich die erste fertige Serien Modelle seiner Möbel anzusehen. Was sie ihm vorstellte waren keine groben Prototypen, sondern ein erster Produktionslauf von 25 Stücken von jedem der vier Modelle aus ihrem nur in drei Monaten aufgebauten kleinen Workshop. Le Corbusiers Reaktion war eine Mischung von Überraschung und Begeisterung.

Den ersten Vertrag mit Heidi Weber für die Produktionsrechte unterschrieb Le Corbusier am 1. Dezember 1959. Nachdem er ihr einige Monate vorher in einem Brief schrieb: …„ich werde mit ihnen einen Vertrag abschliessen, doch will ich zuerst den Beweis ihrer Fähigkeit haben“. Dieser Vertrag schloss den Raum Europa und USA für die Dauer von drei Jahren ein. Am 1. Januar 1963 wurde derselbe Vertrag über den Zeitraum von fünfzehn Jahren und den zusätzlicher Einbezug von Süd-Amerika bis 1978 erweitert.

Während der ersten Jahre ihrer Herstellung lief der Verkauf der vier Sitzmöbel ausserordentlich erfolgreich – Heidi Weber erhielt Bestellungen aus New York, Hong Kong und allen Ecken der Welt – so dass sie gezwungen war, eine wichtige Entscheidung zu treffen. Ihr kleines Produktionsatelier war voll ausgelastet und sie war kaum noch in der Lage, mit der steigenden Zahl der Bestellungen Schritt zu halten. An dieser Stelle musste sie wählen, ob sie sich als Produzentin und Unternehmerin in der Möbelbranche etablieren wollte oder ob sie es vorziehen würde einen grösseren, bereits etablierten Hersteller zu finden, dem sie die Unterlizenz erteilen könnte.



Patenturkunde für Heidi Weber




Die von L–C einzig autorisierte Möbelserie

Weltweite Marktakzeptanz

Heidi Weber erteilt Unterlizenzen

Cassina S.p.A. ein Familienbetrieb in Meda nahe Mailand, war einer der vielen Bewerber für den Lizenzvertrag. Geleitet von Franco Cassina, hatte sich das Unternehmen jahrelang auf den begrenzten Sektor von Vertragsmobiliar konzentriert. Sie waren spezialisiert auf Holzeinrichtungen von Ozeandampfern und Hotels. Um aus diesem geschlossenen Markt auszubrechen, brauchten sie dringend ein neues populäres Image und Marketing. Heidi Weber konnte die Geschäftsleitung Cassina überzeugen, dass Le Corbusiers Sitzmöbel ein guter strategischer Schachzug zur Erschliessung neuer Märkte wäre. Nach vielen Verhandlungen unterschrieb Heidi Weber mit der Firma Cassina am 23. Oktober 1964 den ersten Unterlizenz-Vertrag für Italien; diese Unterlizenz wurde im Juli 1965 auf Europa ausgedehnt, und zwölf Monate später wurde der Vertrag nochmals von Heidi Weber erweitert und umfasste jetzt auch die Vereinigten Staaten.

Le Corbusier, der nicht erwartet hatte über solche Dinge konsultiert zu werden und offensichtlich nicht daran interessiert war Vertreter des neuen Lizenzunternehmens kennen zu lernen, hatte die Auswahl des Unterlizenznehmers komplett Heidi Weber überlassen. Was ihn betraf, arbeitete das Unternehmen für Heidi Weber. Mit ihrer typischen Gewissenhaftigkeit machte sie es zu ihrer Aufgabe, strenge Qualitätskontrollen durchzuführen, und sie bot gleichzeitig Cassina kontinuierlich ihre Erfahrungen und Unterstützung an. Es ist zu bedauern, dass Heidi Weber nach dem ihr ursprünglicher Vertrag mit Le Corbusier 1978 abgelaufen war, keinen Einfluss mehr auf die Produktion haben konnte. Leider wurde der grosse Beitrag von Heidi Weber, von Le Corbusiers Nachlassverwaltung, der Fondation Le Corbusier in Paris nicht gebührend geschätzt und in der Folge mit ihr die originalen Lizenzverträge mit Le Corbusier nicht verlängert. Die Fondation Le Corbusier wandelte 1978 die Unterlizenzverträge von Heidi Weber mit Cassina S.p.A. in direkte Lizenzverträge ab.
Ein wichtiger Hinweis ist, dass Heidi Weber sich immer an die von Le Corbusier im Vertrag festgehaltenen Bedingungen, ausschliesslich nur die 4 Modelle zu produzieren, strickt gehalten hatte. Während ihrer 15-jährigen Vertragsdauer hätte sie nie andere Modelle hergestellt, schon gar nicht von Skizzen, welche angeblich nach seinem Tod von der Fondation Le Corbusier in Paris gefunden wurden.
Heidi Webers Errungenschaften sind vielfältig. Ein wichtiger Schritt war Le Corbusier davon zu überzeugen, dass seine Möbel nicht altmodisch waren sondern zu den modernsten des 20sten-Jahrhunderts gehörten.
Ihre wichtigsten Beiträge zu seinen Möbelmodellen waren jedoch die Qualitätsproduktion und die Ergänzungen zur Serien-Produktionsreife. Dies trug entscheidend zum allgemeinen Erscheinungsbild, der Vervollständigung und Präsentation dieser Modellreihe und damit einer kompletten Kollektion bei. Dies waren die Hauptgründe dafür, dass die vier ursprünglich in 1929 von Le Corbusier konzipierten Möbel zu dem grossen, weltweiten Geschäftserfolg bis in die heutige Zeit wurden.

Vincent Masucci: Le Corbusier – Machines for Living – Furniture: a critical history

Urheberschaft Möbel

In einer kritisch historischen Auseinandersetzung und mit besonderem Fokus auf die Urheberschaft beschreibt der Autor auf 388 Seiten dokumentarisch und hintergründig die einzelnen Stadien und Entwicklungsphasen der weltberühmten Le Corbusier Möbelserie, die Heidi Weber zur Produktionsreife gebracht hat und erstmalig 1958 der Öffentlichkeit präsentierte.